Werkbahn Doberschütz — Röcknitz
Streckengeschichte
Im Herbst 1892 gab es eine erste private Initiative für einen Eisenbahnanschluss der Gegend um Hohburg. Zwei Rittergutsbesitzer aus Thammenhain und Röcknitz beabsichtigten den Bau einer schmalspurigen Privateisenbahn zur preußischen Station Doberschütz. Am 11.10.1892 genehmigte das Ministerium des Innern in einer Verordnung die Durchführung von allgemeinen Vorarbeiten, welche jedoch nicht begannen. Nachdem im November 1893 das preußische Projekt einer Schmalspurbahn Torgau - Schildau bekannt wurde, stellten die Gutsbesitzer erneut einen Antrag für Vorarbeiten, den die sächsische Regierung am 01.02.1894 genehmigte. Immerhin wurde der Trassenverlauf vermessen und im Oktober 1894 vom Hallenser Büro "Knoch & Kallmeyer" ein Erläuterungsbericht verfasst. Darin wird der Streckenverlauf wie folgt beschrieben:
Stat. 0 am Feldweg Kobershain - Ochsensaal (westlich Schildau)
45+91 Zweiggleis zum Löbenberg (3860 m)
87+44 Zweiggleis zum Zinkenberg (300 m)
92+42 Zweiggleis zum Gaudlitzberg (340 m)
102+75 Streckenende
Als größte Neigung sah man 1:30 vor, der kleinste Radius sollte 80 m betragen. Die in Sachsen übliche Spurweite von 750 mm wurde als vorteilhaft erachtet. Die Baugenehmigung erging am 15.12.1894, das sächsische Finanzministerium reichte jedoch im April 1895 umfangreiche Konzessionsbedingungen für den Bau und Betrieb nach und begründete dies wie folgt: »Wenn die gedachte Bahn zunächst auch nur zur Beförderung von Steinmaterial dienen soll, so dürfte es sich doch wegen ihrer immerhin bedeutenden Länge von rund 10,3 km (ausschließlich der Zweiggleise), ferner aber auch in Rücksicht auf den geplanten Anschluß an die preußische Staatseisenbahn und die wenigstens für später in Aussicht genommene Verbindung mit dem diesseitigen Bahnnetz empfehlen, die Bahn der Bahnordnung für die Nebeneisenbahnen Deutschlands zu unterstellen. [...]«
Die preußische Schmalspurbahn nach Schildau wurde nicht gebaut, womit, ungeachtet der behördlichen Auflagen, auch die Planung für eine östliche Anbindung der Hohburger Steinbrüche hinfällig geworden war. Im Juli 1895 geriet das Projekt deshalb erneut ins Stocken.
Um doch noch Anschluss an das Eisenbahnnetz zu erhalten, stellten die Gutsbesitzer am 20.11.1895 einen Antrag auf Änderung des genehmigten Bauvorhabens. Nunmehr sollte eine regelspurige Bahn, beginnend im Bahnhof Doberschütz gebaut werden. Damit wurde das Umladen der Güter in Doberschütz vermieden und die Transportkapazität erhöht. Die Vorarbeiten führte der Dresdner Civilingenieur Paul Pöge durch. Am 07.01.1896 konnten die neuen Pläne vorgelegt werden. Umgehend nach Erteilung der Genehmigung am 25. April des Jahres begann die Berliner "Eisenbahn-Bau- und Betriebs-gesellschaft Vering & Waechter G.m.b.H. & Co. K.G." mit dem Streckenbau. Bereits Mitte Oktober 1896 konnte das Gleis verlegt werden. Der Bauzugverkehr wurde mit 12 km/h Höchstgeschwindigkeit genehmigt. Da eine preußische Lokomotive ab Doberschütz zum Einsatz kommen sollte, äußerten die sächsischen Behörden keine Bedenken. Alleiniger Bauherr war ab November des Jahres der Baron Lutger Adolf von Schönberg. Am 15.11.1896 fand die landespolizeiliche Abnahme der Strecke statt. Nach Beseitigung einiger Mängel wurde am 08.12.1896 die Betriebsgenehmigung erteilt, Züge verkehrten bereits seit dem 1. Dezember. Bei Röcknitz gab es einen massiven einständigen Lokschuppen und entlang der Strecke mehrere Zweiggleise. Das Streckenende lag bei km 8,567 am Bruch Zinkenberg. Am 10.05.1899 ging der Betrieb der Steinbrüche und der Privatbahn auf die neu gegründete "Hohburger Quarz-Porphyr-Werke A.G." über, die am 1. Oktober den benachbarten Bruch Frauenberg übernahm: Der Steinbruch des Unternehmers Karl Halbach lag abseits der Privatbahn. Die Verbindung stellte man zunächst mittels einer 850 m langen, 600-mm-spurigen Pferdebahn her. Aufgrund der ungünstigen Trassierung (Neigung bis 1:13, Radien bis 15 m) wurde die Genehmigung zur Einführung von Lokomotivbetrieb im Juni 1898 von einem Streckenumbau abhängig gemacht. Nach der Herstellung eines Regelspuranschlusses im Jahr 1900 war das Problem gelöst. Der Aufschluss eines neuen Bruchs am Gaudlitzberg im gleichen Jahr erforderte die Erweiterung der Zweiggleisanlagen. Mit Eröffnung der Ladestelle Röcknitz an der Reichsbahnstrecke Wurzen - Eilenburg am 07.03.1927 schloss man die Steinbrüche Frauenberg, Gaudlitzberg und Zinkenberg über eine neue, steil trassierte Gleisverbindung an. Der Bruch Zinkenberg wurde 1932/34 um ein Schotterwerk und eine Feinsplittanlage erweitert. Dabei überbaute man einen Teil der alten Ladegleise mit einer geradlinigen Anbindung in Richtung Frauenberg. Die gesamte Anschlussbahn erreichte in diesen Jahren mit rund 11 km ihre größte Betriebslänge. Die Strecke nach Doberschütz war nach dem Zweiten Weltkrieg entbehrlich geworden und wurde abgebaut. Der Betriebsteil Zinkenberg blieb noch bis 1981 in Nutzung. Seit 2001 wird das verbliebene Anschlussgleis zum Bruch Frauenberg nicht mehr befahren.
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Quellen
[1] Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden: Bestand 10736 Ministerium des Innern, Signatur 14367
[2] Scheffler, Wunderlich: "Wurzen - Eilenburg" aus "Neben- und Schmalspurbahnen in Deutschland", Sammelwerk GeraNova-Verlag
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