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Eisenbahnen in Sachsen


Nossen — Moldau | Werkbahn Papierfabrik Weißenborn
Vorgeschichte und Bau | Nossen - Freiberg

Nach ersten Bemühungen für eine Eisenbahnverbindung Nossen - Freiberg in den Jahren 1862/65 verhandelte man schließlich 1868 im sächsischen Landtag auf Drängen der Stadt Freiberg über diesen Bau. Noch im gleichen Jahr entstand ein Komitee für die Errichtung einer Strecke vom böhmischen Dux über den Erzgebirgskamm bis Klingenberg oder Freiberg. Wie bei vielen Strecken jener Jahre versprach auch hier die böhmische Braunkohle als Transportgut eine gute Rentabilität und schnelle Gewinnsteigerung für die Streckenbetreiber.
Im Jahr 1870 wurde über die Konzession für den Bau und Betrieb der Bahnlinie Nossen - Freiberg - Landesgrenze entschieden, welche am 16.10.1871 an die Leipzig-Dresdner Eisenbahn-Compagnie (LDE) ging.
Bis der Anschluss von Böhmen aus hergestellt war, sollten noch einige Jahre vergehen, so dass vorerst nur das Projekt Nossen - Freiberg zur Ausführung kam. Aus Kostengründen und um größere Steigungen zu vermeiden wählte man den direkten und topografisch günstigsten Weg, so dass nur wenige Ortschaften in den Genuss der neuen Bahnverbindung kamen. Vor allem für die Stadt Siebenlehn war die Trassierung von großem Nachteil, führte der Schienenstrang doch zwei Kilometer westlich durch das Pitzschebachtal an der Stadt vorbei. In einem Schreiben vom 13.04.1870 hieß es seitens der LDE: »Auf die gefällige Zuschrift vom 3. des Monats haben wir dem geehrten Stadtrat ganz ergebenst zu erwidern, daß wir um so weniger imstande sind, irgend welche definitive Antwort auf das jenseitige Gesuch um Etablierung einer Haltestelle in der Nähe von Siebenlehn beim Bau der projektierten Zweigbahn Nossen - Freiberg zu geben, als die technischen Erörterungen über die eventuelle Führung der Linie noch keineswegs beendet sind, sind hiernächst aber bei Errichtung von Stationen neben der möglichsten Berücksichtigung lokaler Interessen hauptsächlich Rücksichten entscheiden müssen, welche durch Terrainverhältnisse und sonstige der Eisenbahntechnik zu unterstellende Umstände bedingt werden.«

Am 24.01.1872 war offizieller Baubeginn für die eingleisige, knapp 24 km lange Hauptbahn, die 1885 das noch heute gültige Kürzel NM (seit 1880 bezeichnet als NB für "Nossen - Bienenmühle") erhielt. Die Erdarbeiten begannen am 1. Februar des Jahres zwischen Freiberg und Großschirma. Aufgrund eines milden Winters schritt der Bau zügig voran, so dass bereits am 05.07.1872 das Planum im Hospitalwald in Richtung Kleinwaltersdorf fertiggestellt war. Ende des Jahres war die gesamte Bettung vollendet, doch Lieferschwierigkeiten des Schienenherstellers im Ruhrgebiet führten zum Bauverzug. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte man bereits über die Hälfte der veranschlagten 1,508 Mio. Taler verbaut.
Am 12.05.1873 fuhr der erste Arbeitszug über das eigens für den Streckenbau angelegte Zweiggleis zur Kiesgrube Langhennersdorf. Einige Wochen später war der Bau vollendet.
Von den wenigen Brückenbauwerken wurde der größte Teil in den 1970er und 80er Jahren zur Einsparung der Unterhaltungs- und Sanierungskosten verschüttet. Die Zwischenstationen waren für die ländlichen Verhältnisse überaus großzügig gestaltet. So hielt man zwei Bahnsteige für erforderlich. Die Empfangsgebäude entsprachen den Typenbauten der LDE-Strecken, wie sie z.B. auch zwischen Riesa und Nossen oder zwischen Borsdorf und Coswig zu finden sind. [1],[2],[3]

Betrieb und Stilllegung

Am 15.07.1873 konnte die Strecke feierlich eröffnet werden. Der Sonderzug mit dem Vorstand der LDE, den Bürgermeistern der Städte Nossen und Freiberg sowie weiteren geladenen Gästen verließ Freiberg um 11.30 Uhr. Unterwegs wurde er mit Jubel empfangen. Ein Festessen im Freiberger Kaufhaussaal bildete den Abschluss des Eröffnungstages.
Bereits am 30.11.1873 ging in Großvoigtsberg das erste Zweiggleis für den "Consumverein" (später mehrfach verlängert) in Betrieb. Verbaut wurden 70 m altbrauchbare Schienen mit einem Kostenaufwand von 292,11 M. In den anderen Orten folgte man später diesem Beispiel. Das Anschlussgleis zur Kleinwaltersdorfer Ziegelei existierte seit dem 27.11.1877.
Zum Jahresbeginn 1876 ging die Strecke mit dem restlichen Eigentum der LDE durch Ankauf in die Verwaltung der Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen über.
Am 12.07.1875 wurde die Holzladestelle Zellwald eröffnet und später ein Dienstgebäude errichtet. Bedeutung besaß die Ladestelle vor allem für das nahe gelegene Sägewerk. Pläne zum Ausbau der Station für den Personenverkehr existierten viele, umgesetzt wurden sie jedoch erst 1938 mit dem Bau der Reichsautobahn, wenn auch in bescheidenem Umfang.
Mit dem Lückenschluss nach Böhmen, der 1885 endlich ausgeführt wurde, erreichte auch der Abschnitt Nossen - Freiberg seine ihm zugedachte Bedeutung als grenzüberschreitender Abfuhrweg für böhmische Braunkohle hin zur preußischen Landesgrenze bei Elsterwerda. Zwischen 1894 und 1898 erfolgte die sicherungstechnische Ausrüstung der Bahnhöfe mit Kurbelwerken der Dresdner Maschinenfabrik Carl Thomaß, von denen das in Großvoigtsberg noch erhalten ist. Zudem verlängerte man das Kreuzungsgleis in Großschirma.
Seit etwa 1915 begannen und endeten die Züge der NM-Linie am Bahnsteig 1 des Bf Nossen.
Bereits 1923 verlor die Strecke Nossen - Freiberg ihren Status als Hauptbahn. Die Vorsignale wurden abgebaut und die Höchstgeschwindigkeit auf 50 km/h herabgesetzt. Fortan erinnerten nur noch die zahlreichen Bahnwärterhäuser an die alten Zeiten. Bekanntestes Gebäude ist sicher der 1891 errichtete Klinkerbau des Posten 1.
Eine Sonderstellung nahm das bis 1966 für Bahnzwecke genutzte Dienstgebäude der Ladestelle Zellwald ein. Bis zum Umzug nach Nossen am 01.10.1916 war Zellwald der Sitz der Bahnmeisterei NM I.
In Kleinwaltersdorf erweiterte man noch 1940 den Dienstraumanbau am Empfangsgebäude und stellte vier Jahre später ein mechanisches Hebelstellwerk auf. Dieses war aber nur bis 1957 im Einsatz.
Am 16.04.1945 wurde ein in Kleinwaltersdorf abgestellter Munitions- und Treibstoffzug von amerikanischen Jagdbombern in Brand geschossen. Durch die nachfolgenden Explosionen, die sogar am Freiberger Stadtrand die Fensterscheiben zu Bruch gehen ließen, wurde das Bahnhofsgebäude schwer beschädigt und unbewohnbar. Zur vorbereiteten Sprengung der Brücken in Freiberg bei Kriegsende kam es glücklicherweise nicht mehr.

Im Jahr 1972 erhielt der letzte handbediente Schrankenposten 2 an der Waldheimer Straße in Nossen eine automatische Halbschrankenanlage.
Am 25.09.1977 kam es zur Einstellung des Personenverkehrs. Die romantische Fahrt durch den Zellwald gehörte damit vorerst der Vergangenheit an.
Zum Fahrplanwechsel 1991 endete der Güterverkehr zwischen Nossen und Großvoigtsberg, so dass die Strecke bis Mai 1997 der Bedienung des Bahnhofs Großvoigtsberg (aus Richtung Freiberg) und gelegentlichen Sonderfahrten vorbehalten blieb. Eine besondere Rolle spielt hierbei die 1993 gegründete BSW-Gruppe "IG Dampflok Nossen", auf deren Initiative hin in den neunziger Jahren mehrere gut besuchte Sonderfahrten auf der Strecke durchgeführt wurden. Der Bahnhof Großvoigtsberg ist seit 1996 (Empfangsgebäude) bzw. 1999 (Gleisanlagen) denkmalgeschützt und befindet sich heute in der Obhut der 1996 als Ableger der Nossener IG gegründeten und seit 2000 eigenständigen BSW-Gruppe "Museumsbahnhof Großvoigtsberg". Der optisch sehr gute Zustand zeugt von der Arbeit der Eisenbahnfreunde.
Neue Hoffnung für die "Zellwaldbahn" gab es am 01.11.2005, als die Strecke von der Chemnitzer "Regio Infra Service Sachsen GmbH" für 20 Jahre in Pacht genommen wurde. Im Trassenpreiskatalog des Unternehmens wurden dampflokgeführte Sonderzüge ausdrücklich berücksichtigt. [1],[2],[4],[5]

Werkbahn Papierfabrik Weißenborn

Um 1870 entstand im Tal der Freiberger Mulde, an der "Alten Mühle" in Weißenborn, ein Floßplatz mit Sägewerk. Wenig später wurde eine Feinpapierfabrik als Aktiengesellschaft gegründet.
Die 1875 bis Lichtenberg eröffnete Eisenbahnstrecke ermöglichte, rund 80 m über dem Talgrund gelegen, keinen direkten Anschluss der Fabrik. Erst Ende 1888 ging ein über 2 km langes, steil und kurvenreich trassiertes Anschlussgleis in Betrieb, das nahe dem Bahnhof Berthelsdorf abzweigte.


Die Freiberger Papierfabrik A.G. wurde 1948 als "VEB Freiberger Zellstoff- und Papierfabrik zu Weißenborn" verstaatlicht. Zweigwerke bestanden u.a. in Königstein, Reinsdorf (Werk IV) und Elterlein (Werk V). Mit einem modernen Fabrikneubau legte man in den 1970er Jahren einen neuen Werkbahnhof an. Die Gleise in den alten Betriebsteil mit zwei stählernen Muldebrücken wurden aufgegeben. Die 1990 von der Osnabrücker Fa. Schoeller übernommene Werkbahn wurde, als letzter Güterkunde der Strecke, noch bis Ende 2014 bedient.

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Quellen

[1] Adler, Böhm: "Die Zellwaldbahn", IG Dampflok Nossen e.V., Nossen 1998
[2] Preuß,: "Nossen - Hermsdorf-Rehefeld" aus "Neben- und Schmalspurbahnen in Deutschland", Sammelwerk GeraNova-Verlag
[3] Ulbricht: "Geschichte der Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen", Verlag C. Heinrich, Dresden 1889
[4] RIS Sachsen GmbH: "Trassenpreiskatalog für die Strecke Freiberg (Sachs) - Nossen"
[5] www.fv-zellwaldbahn.de
[6] RIS Sachsen GmbH: "SBV Teil B, Strecke 4 Nossen - Freiberg"