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Eisenbahnen in Sachsen


Freital-Potschappel — Freital-Hainsberg
Vorgeschichte und Bau

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Strecke Dresden - Werdau im Abschnitt bis Tharandt an ihrer Kapazitätsgrenze angelangt. Zahlreiche Bahnübergänge in den Industriegemeinden Potschappel, Deuben und Hainsberg behinderten auch den Verkehrsfluss auf den Straßen. Als Lösung kam nur die Hochlegung der Eisenbahnstrecke, verbunden mit einem mehrgleisigen Ausbau in Frage. Dabei musste neben der Einbindung der bestehenden Schmalspurbahnen Potschappel - Nossen und Hainsberg - Kipsdorf auch die Anschlussbedienung für die Industrie entlang der Strecke berücksichtigt werden. Die Anlage eines Industriegleises parallel zur DW-Linie unterhalb des neuen Bahndammes war unverzichtbar. Mit einbeziehen konnte man die seit dem 08.11.1875 bestehende Kohlenbahn zum Carolaschacht.
Nach der Inbetriebnahme der hochgelegten DW-Linie am 18.04.1905 nutzte man das rechte Interimsgleis als regelspurige Industriebahn DWIR weiter. Auf der linken Seite wurde das DWIL-Gleis neu angelegt und am Hp Deuben über das Gleis DWIV mit dem rechten Industriegleis verbunden. Die Strecke DWIL besaß eine eigenwillige Stationierung (Beginn und Ende an Anschlussgleisen) und entsprach teilweise der 1856 eröffneten Augustusschacht-Zweigbahn (DWA-Linie). Zur Inbetriebnahme der Strecken waren keine Informationen auffindbar.

Zum Austausch von Schmalspurfahrzeugen zwischen dem Wilsdruffer Netz und der Strecke Hainsberg - Kipsdorf war die Errichtung eines Übergabegleises angedacht. Das Neubauamt Hainsberg ließ dazu ein Kreuzungsbauwerk unter den Güterzuggleisen eingangs des Bahnhofs Hainsberg anlegen. Im Dezember 1910 vollendete man den Westteil des Bauwerks und nahm die neuen Güterzuggleise im Bereich des Bahnhofs in Betrieb. Der östliche Teil der Unterführung trug nur ein Ausziehgleis und entstand 1911.
Im November 1911 ersuchte die Gemeindeverwaltung Deuben das Finanzministerium um baldige Fertigstellung der schmalspurigen Verbindungsstrecke. Beabsichtigt war, die Personenzüge ins Osterzgebirge bereits in Potschappel beginnen zu lassen und in Deuben einen Haltepunkt einzurichten.
Am 12.01.1912 entschied man sich für die Einlegung einer dritten Schiene in das DWIR-Gleis. Da dieses bereits durch viele Übergabefahrten belegt war, widersprach das Finanzministerium der Einrichtung eines Personenverkehrs, zumal eine Straßenbahnverbindung durch die Gemeinden des Plauenschen Grundes bestand.
Die Bauarbeiten begannen im Frühjahr 1913. Zum Bauablauf ist nur vermerkt, dass 1912 rechts der Stat. 80 bis 82 DW Land erworben wurde. Das PHV-Gleis konnte am 10.09.1913 in Betrieb genommen werden.
Das schmalspurige Gleis begann offiziell auf freier Strecke bei Stat. 74+22 DW in Höhe der SÜ Wilsdruffer Straße, nutzte bis zur Trennung von der DWIR-Strecke (Stat. 21+34,2) die Hektometersteine des Regelspurgleises und erhielt die Bezeichnung PHV. Die kurze Rampenstrecke in den Bahnhof Hainsberg bekam eine eigene Stationierung und das Kürzel VPHV zugewiesen. Nach der Stilllegung der Strecke Schönheide Süd - Carlsfeld befand sich hier mit einer Neigung von 1:20 der steilste Streckenabschnitt der sächsischen Schmalspurbahnen. [1],[2]

Betrieb und Stilllegung

Eine Besonderheit der Strecke PHV war, dass sie keinerlei Anschlussgleise besaß und ausschließlich dem bahninternen Wagenaustausch und der Beförderung von Stückgutladungen zwischen den Spurwechselbahnhöfen Potschappel und Hainsberg diente. Das Dreischienengleis durfte mit maximal 20 km/h befahren werden. Aufgrund der fehlenden Ausweichmöglichkeit war zwischen den Bahnhöfen war nur ein Zug erlaubt. Alle Bahnübergänge, auch die des DWIL-Gleises, waren mit ortsbedienten Vollschranken ausgestattet. Lediglich der BÜ Güterbahnhofstraße wurde später mit einer Blinklichtanlage modernisiert. An der Schachtstraße befand sich der Posten PHV 1a, dem zusätzlich die Bedienung der Schranken am DWIL-Gleis oblag.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden einige Gleisanlagen entbehrlich. Die Gussstahlwerke firmierten als Edelstahlwerk Freital und vereinnahmten das DWIR/PHV-Gleis ab dem BÜ Hüttenstraße. Das DWIR-Gleis wurde zwischen km 1,033 und 2,0 abgebaut (äußere Schiene des Dreischienengleises) und ab km 2,134 in eine Wagenübergabestelle umgestaltet. Das Unterführungsbauwerk in Hainsberg erhielt 1965 ein Gleistor, für das die Reichbahn und das Edelstahlwerk Schlüssel besaßen. Dieser Zustand blieb bis zuletzt unverändert.
Das DWIL-Gleis erwies sich durch die niveaugleiche Kreuzung mit der Freitaler Straßenbahn als Verkehrshindernis und wurde frühzeitig ab dem Straßenbahnhof Deuben abgebaut. Nach der Einstellung der Deubener Güterstraßenbahn im November 1972 wurde auch der Rest des östlichen Zweiges entbehrlich, der nördliche Abschnitt zum Glaswerk existierte länger.

Abgesehen von einigen Sonderfahrten zu Beginn der sechziger Jahre blieb das PHV-Gleis für den planmäßigen Personenverkehr ungenutzt.
Am 24.03.1996 fanden erstmals privat organisierte Pendelfahrten (mit 99 1771 und 99 1777) zwischen Potschappel und Hainsberg statt. Zum "Tag des offenen Denkmals" am 09.09.2001 gab es weitere Fahrten, zu denen trotz strömendem Regen 600 Fahrgäste erschienen. An der WAS Potschappel schuf man eine Umsetzmöglichkeit und reaktivierte den alten Bahnsteig, so dass der Pendelbetrieb mit Zug- und Schlusslok entfallen konnte.
Doch auch das letzte Schmalspurkleinod in Sachsen wurde von der Realität eingeholt: letzte öffentliche Fahrten fanden zum "Dresdner Dampflokfest" vom 18. bis 20.05.2002 (mit 99 1608 und 99 1713 vor täglich acht Zugpaaren) und - kurz nach der Hochwasserkatastrophe - im September des Jahres statt. Zu diesem Zeitpunkt stand bereits fest, dass die Verbindungsbahn dem Ausbau der "Sachsenmagistrale" weichen musste.
Am 03.12.2002 wurde die Strecke stillgelegt, nachdem am Vortag 99 1762 den letzten Übergabezug befördert hatte. Kurze Zeit später verschwand das VPHV-Gleis, Abbruch und Verfüllung des Kreuzungsbauwerks schlossen sich an. Die Unterführung des ungenutzten DWIV-Gleises beseitigte man im Jahr 2003, mit einer Oberbauerneuerung des DWIR-Gleises auch die Reste der PHV-Linie. Bis 2010 wurde das Regelspurgleis zwischen km 0,25 und km 1,1 abgebaut, im Jahr 2019 erfolgte der Rückbau der Gleisanlagen auf dem Werksgelände zwischen km 1,1 und dem BÜ Hüttenstraße. [1],[3]

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Quellen

[1] Thiel: "Schmalspurbahn Freital-Hainsberg - Kipsdorf", Verlag Kenning, Nordhorn 1996
[2] "Eisenbahn-Journal Archiv (Sachsenreport)", Band 5 und 8
[3] Infoblatt zur Sonderfahrt am 24.03.1996