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Eisenbahnen in Sachsen


[Senftenberg —] Hosena — Kamenz (Sachs)
Vorgeschichte und Bau

Als die sächsische Regierung im Jahr 1868 den Bau der Strecke Kamenz - Radeberg beschloss, sicherte Preußen die Fortführung der Bahnlinie als eingleisige Hauptbahn ab der Landesgrenze bei Straßgräbchen zu. Damit entsprach man den Interessen einflussreicher Fabrikanten und Rittergutsbesitzer in Cunnersdorf und Wiednitz, die sich durch die Bahn einen besseren Absatz ihrer landwirtschaftlichen Produkte versprachen. In der "Kamenzer Wochenschrift" hieß es dazu am 09.04.1871: »Aus zuverlässiger Quelle erhalten wir die Mitteilung, daß die den Bau der Eisenbahn Senftenberg - Landesgrenze zum Anschluß an die Radeberg-Kamenzer Bahn betreffende Concessions-Urkunde vor einigen Tagen von Kaiser Wilhelm unterzeichnet wurde und somit die Genehmigung zum Bau erteilt worden ist. Seitens der dazu concessionierten Berlin-Görlitzer Gesellschaft sind bereits die zur Herstellung dieser Strecke erforderlichen Geldmittel, 300.000 Thlr., disponabel gemacht. Es dürfte nun sofort der Bau beginnen, dem sich jedenfalls auch alsbald die Weiterführung von der Grenze bis nach Kamenz durch die Kgl. Sä. Staatsregierung anschließen wird.«
Die Arbeiten begannen Anfang Oktober 1871 und am 7. Dezember des Jahres wurde in Form eines Staatsvertrages zwischen Sachsen und Preußen die Ausführung der Strecke Lübbenau - Calau - Senftenberg - Kamenz geregelt. Der Bau lief zügig und ohne Schwierigkeiten ab, da es im Gebiet nördlich von Kamenz keine Täler oder Flussläufe zu überwinden galt. Bereits 1872 erreichte das Gleis von Süden her die preußische Landesgrenze.
Die sächsische Teilstrecke bis Straßgräbchen wurde am 03.01.1874 an die Berlin-Görlitzer Eisenbahngesellschaft in Pacht übergeben. In einer historischen Quelle heißt es hierzu: »Durch den Vertrag vom 15./30. Oktober 1873 hat die Berlin-Görlitzer Eisenbahngesellschaft von der Königlichen Generaldirektion der Sächsischen Staatseisenbahn in Vertretung des Königlich Sächsischen Staatsfiskus die 11,43 km lange Strecke Preußisch-Sächsische Landesgrenze - Kamenz zunächst auf die Dauer von 5 Jahren gepachtet. Erfolgt ein Jahr vor Ablauf dieser Frist von keiner Seite eine Kündigung, so wird eine stillschweigende Fortsetzung des Vertragsverhältnisses von Jahr zu Jahr bis dahin, daß von einem der vertragenden Teile gekündigt wird, angenommen. Letzteren Falles endet der Vertrag mit Ablauf des nächst folgenden Kalenderjahres. Die Königlich Sächsische Staatseisenbahnverwaltung erhält 50 Prozent von derjenigen Quote der Bruttoeinnahme aus dem Verkehr der Lübbenau-Kamenzer Eisenbahn, welche sich auf die Strecke Landesgrenze - Kamenz nach dem Verhältnis ihrer Baulänge zu der Gesamtlänge der gedachten Bahn berechnet, sowie den gleichen Teil aller sonstigen Bahnerträge der zum Betrieb übergebenen Objekte. Im Jahre 1880 sind an den Sächsischen Staat 59 899 Mark 44 Pf bezahlt worden.«
Nach der Verstaatlichung der Gesellschaft am 01.05.1882 erfolgte die Betriebsführung durch die K.P.E.V. [1],[2]

Betrieb

Die Eröffnung des Streckenabschnittes Senftenberg - Kamenz fand am 01.02.1874 statt, die Gesamtstrecke ab Lübbenau konnte drei Monate später in Betrieb genommen werden. Bei Hosena wurde die im Bau befindliche "Oberlausitzer Eisenbahn" Kohlfurt - Falkenberg mit einer Brücke gekreuzt. Die als Turmbahnhof gestalteten Anlagen erhielten einen oberen und unteren Bahnsteig. Der Name "Hohenbocka" wurde auf Initiative des Rittergutsbesitzers Götz nach einer 1 km entfernten sächsischen Ortschaft vergeben.
Die Strecke endete in Kamenz nicht wie üblich am Empfangsgebäude, sondern an der nördlichen Einfahrweiche am km 156,372 in Höhe des späteren Stellwerks W 1.
Folgende weitere Posten und Stellwerke existierten, wobei die Unterschiede zwischen sächsischer Putzfassade und preußischem Klinkerbaustil entlang der Strecke deutlich zu erkennen sind:
     km 139,507   Po Gs  (bis 03.1923)
        143,472   Po Ws  (bis 09.1922)
        145,580   Stw I
Am 01.07.1890 wurde der Haltepunkt Kunnersdorf bei Kamenz (spätere Schreibweise "Cunnersdorf") eröffnet. Während des Ersten Weltkriegs baute man die Station zum Bahnhof aus. Neben der zu verlegenden Straße wurden zwei Stellwerke nach Entwürfen von 1916 errichtet. Für das massive Empfangs- und das Wirtschaftsgebäude nutzte man die 1912 entstandenen Entwurfszeichnungen des Bahnhofs Bahnsdorf an der Strecke Cottbus - Ruhland. Zum Jahresbeginn 1918 konnte mit der Inbetriebnahme der erweiterten Anlagen auch der Güterverkehr in Cunnersdorf eingeführt werden.
Die Anschlussgleise zu den Steinbrüchen der Umgebung ließen die Bahnstation zur rentabelsten im Raum Kamenz werden. Direkt am Bahnhof befand sich die Verladeanlage der Carl Halbach K.G., die am nahen Butterberg Granit abbaute und zu Schotter verarbeitete. Bekannt wurde der Steinbruch durch sein 600-mm-spuriges Feldbahnnetz, auf dem es noch bis in die 1970er Jahre dampfte. Das Anschlussgleis wurde mit Verfügung vom 07.07.1902 in Betrieb genommen.
Seit etwa 1910 existierte ein knapp 3 km langer Gleisanschluss zum Steinbruch von Fritz Weiland in Liebenau. Die Führung entlang der Hauptbahn bedingte zwei interessante Kreuzungsbauwerke, eines davon mit der Güterbahn Kamenz - Kamenz Nord. Nachdem die Brecheranlage 1941 ausgebrannt war, stellte man den Güterverkehr ein. Im Sommer 1943 wurde das Zweiggleis abgebaut. Die dritte Werkbahn bediente seit 1926 den Weiland´schen Steinbruch am Biehlaer Teufelsberg. Das Gleis verschwand erst 1957.
Zu Kriegsende wurde in Cunnersdorf ein Munitionszug gesprengt.
Letzte Erweiterung war das Gleis zum Tanklager der Staatsreserve, das am 09.12.1968 in Betrieb genommen wurde.

Im Jahr 1909 begann bei Wiednitz mit dem Aufschluss des Tagebaus Heide I ein reger Bergbaubetrieb. Die Station erhielt zu jener Zeit auch ein architektonisch gelungenes Bahnhofsgebäude. Beiderseits der Bahnstrecke wurde bis 1968 Braunkohle in sechs Tagebauaufschlüssen gefördert. Als die Kohle zur Belieferung der Brikettfabrik Heide vor Ort zur Neige ging, übernahm die 900-mm-spurige Grubenbahn den Transport aus den großen Niederlausitzer Tagebauen. Bei Wiednitz wurde die Hauptbahn auf einer Betonbrücke überquert.
Der Bahnhof Straßgräbchen-Bernsdorf wurde 1913 (Neubau Straßenüberführung Südkopf), 1927 (Neubau Stellwerke) und 1934 erweitert. Mit der Einführung der Nebenbahn von Dresden-Klotzsche erhielt er seinen größten Umfang. Im April 1945 brannte nach Kämpfen das Empfangsgebäude aus. Bis 1952 wurde es mit etwas verändertem Aussehen wieder aufgebaut.

Im Rahmen einer Änderung der Direktionsgrenzen fiel der Abschnitt von km 136,300 bis Kamenz am 01.10.1934 von der Rbd Breslau an die Rbd Dresden, die für die Strecke die Kurzbezeichnung HbK vergab. Zwischen dem 01.10.1945 und 15.10.1990 gehörte die Strecke zur Rbd Cottbus.
Noch im Kriegsjahr 1944 ging in Hohenbocka die östliche Verbindungskurve zwischen dem Güterbahnhof Hohenbocka Nord und der Strecke Kohlfurt - Falkenberg in Betrieb. Damit sollte der Bahntransport zwischen dem Lautawerk und dem Steinbruch Koschenberg sichergestellt werden, wo sich eine Produktionsauslagerung befand.
Am 20.04.1945 sprengte die Wehrmacht die Wegüberführungen am km 137,5; 138,1; 145,2 (alle Betonträger auf 2 Pfeilern) und am km 139,4 (Stahlträger). Die Überführungen am km 137,5 und 145,2 wurden in den Nachkriegsjahren neu errichtet. Der durchgehende Zugverkehr zwischen Senftenberg um Kamenz konnte erst nach Wiederherstellung der Gleisanlagen Ende Juni 1945 aufgenommen werden.

Für die Einwohner des Ortes Hausdorf brachte der 14.08.1948 ein freudiges Ereignis - die Eröffnung ihres "Bahnhofs". Der Bahnsteig des Haltepunktes war in freiwilligen Arbeitsstunden und in Handarbeit von den Dorfbewohnern angelegt worden. Später erhielt er noch ein schlichtes Betonwartehäuschen.
Anfang der 1950er Jahre musste der Streckenabschnitt Senftenberg - Hohenbocka mit der Blockstelle Niemtsch dem näher rückenden Tagebau Niemtsch (1938-41 aufgeschlossen) weichen. Die verlegte Strecke wurde, in Brieske beginnend, westlich am Tagebau vorbei geführt und bei Peickwitz eine kreuzungsfreie Anbindung ("Nord-" und "Südbahn") an den Bahnhof Hohenbocka geschaffen, der in diesem Zusammenhang beträchtlich erweitert wurde. Die verlegte Strecke ging am 22.04.1955 in Betrieb. Hohenbocka Nord konnte fortan nur noch über zwei Verbindungskurven ("Ost-" und "Westbahn") erreicht werden, blieb jedoch unentbehrlich, da hier ein Gleis zum Steinbruch Koschenberg anschloss.
Der Streckenabschnitt Hohenbocka - Wiednitz musste mit dem Wegfall der Streckenkreuzung ebenfalls verlegt werden und verlängerte sich um 940 m. Die Reste des oberen Bahnsteigs im früheren Turmbahnhof Hohenbocka blieben bis zum Abriss des Empfangsgebäudes erhalten. Die Kilometrierung der Neubaustrecke begann in Brieske.
Am 15.05.1966 endete die Kohleförderung im Tagebau Niemtsch. Mit der nachfolgenden Flutung entstand der "Senftenberger See" - seit 1973 ein beliebtes Naherholungsgebiet, das seit 1981 unter Naturschutz steht.

Der 24.05.1998 brachte nicht nur den Abschied vom Personenverkehr zwischen Hohenbocka und Kamenz - die Stadt Bernsdorf verlor ihre Anbindung an das Schienennetz gänzlich, da am gleichen Tag auch die Strecke von Dresden-Klotzsche stillgelegt wurde. Die Nutzer der B 97, die mitten durch Bernsdorf verläuft, wird dies wohl nur am Rande interessieren ... Positiv ist anzumerken, dass zwischen Hosena und Kamenz nach wie vor Güterverkehr über die Schiene abgewickelt wird. Dafür sorgen die Schotterwerke in Oßling und ein Tanklager in Cunnersdorf. [1],[2],[3],[4],[6],[7]

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Quellen

[1] Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden: Bestand 11230 Deutsche Reichsbahn, Rbd Dresden, Abgabe Cottbus, Signaturen II/334, II/349, II/350, II/727
[2] Raschinsky: "Eisenbahnen um Kamenz", Verlag Kenning, Nordhorn 1998
[3] Kuhlmann: "Stillegungen und Eröffnungen von Bahnen im Lausitzer Revier" in "Verkehrsgeschichtliche Blätter", Heft 3/2002
[4] Heinrich: "Rohstoffgewinnung im Raum Hoyerswerda" in "Sächsische Heimatblätter", Heft 4/1998
[5] Mensel: "Geschichte der Stadt Bernsdorf" Band I und II, Stadtverwaltung Bernsdorf, Bernsdorf 2000/2003
[6] Belli: "Das Lautawerk der Vereinigte Aluminium-Werke AG (VAW) von 1917 bis 1948", LIT Verlag, Berlin 2012
[7] www.ostkohle.de